Vom Vorteil, 3 Minuten lang nicht mit dem Hintern zu wetzen.

Ja, im Konzerthaus sollte man sein Mundwerk für eine Zeit lang halten. Trotzdem ist ein Orchestersaal ist kein Ort, an dem man sich vor Ehrfurcht gebückt in den Sessel drücken muss.

Natürlich tauchen bei Neulingen Unsicherheiten bezüglich des korrekten Verhaltens auf. Machen Sie sich keine Sorgen. Mit jedem Konzert finden Sie schneller heraus, welche Reaktionen von Konzert-Mitbesuchern Sie getrost ignorieren können und wie Sie diesen Menschen erfolgreich aus dem Weg gehen.

Ich für meinen Teil weine gern im Konzert, (lautlos, um niemanden zu stören) oder ich kanalisiere meine Begeisterung mit Festkrallen an meiner Ehefrau. Oder, auch das ist mir schon passiert – ich schlafe vor Langweile ein und versuche nicht zu schnarchen. Wie auch immer – ich versuche, im Konzert so wenige Geräusche wie möglich zu verursachen. Und das hat seinen Grund. (Gute) Konzerthäuser sind architektonisch so gebaut, dass sie die leisesten Töne über hunderte Köpfe ohne Verstärkung hinweg weiter transportieren – was ja auch Sinn macht. Schließlich hat jeder, der sein gutes Geld gegen eine Konzertkarte eingetauscht hat das Recht alles zu hören was von der Bühne kommt. Zum anderen bedienen sich Komponist:innen, um ihre Stories zu transportieren einer besonderen Technik, Dynamik genannt, dem Wechselspiel von laut und (extrem) leise.

Ein gutes Beispiel für Dynamik ist der 2. Satz von Beethovens 7. Sinfonie. Was als fein gesponnner Spinnenfaden beginnt endet – wenn der Dirigent was drauf hat - in einer Wall of Sound, die einen in den Sitz drückt - wie ein guter Rocksong. Mit dem zusätzlichen Bonus dass es in den knappen 8 Minuten ein Universum von Klängen und eine so subtile Steigerung der Lautstärke zu erleben gibt, dass jeder DJ vor Neid erblasst.

Ein anderes Stück für dass es sich lohnt kurz nicht mit dem Hinterteil zu wetzen kennen Sie bestimmt: Edvard Griegs “In der Halle des Bergkönigs” aus der Peer Gynt Suite das sich von relativ ruhig zu sehr laut steigert. Natürlich kann man sich damit begnügen, die Melodie “ta ta ta ta ta ta taaa” nach zu summen. Man versäumt dann halt das geheimnisvolle Sich - Öffnen des Berges, die tapsenden Schritte der Gnome, das Zwiegespräch zwischen Elfen und Trollen, kurz: Die Fantasiewelt, die sich der der bemitleidenswerte Peer in Ermangelung von Internet zusammengeschustert hat, um der Realität zu entfliehen.

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Was hinter “Orchestrapunk” steckt.

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Wo sind die Rolemodels?